08.10.2020

Fashion (and Art) Perspectives from a Distance – Schau 20 in den Berlin Decks

Der erfolgreiche Verlauf der diesjährigen Berlin Art Week kommt einem kleinen Wunder gleich und dementsprechend war die Freude groß: Bekannte Gesichter, Lieblingskünstler, unzählige Veranstaltungen – fast wie in den Vorjahren! Überall öffneten Galerien und Museen ihre Türen für diverse Projekte und Ausstellungen. Es war nicht zu übersehen, dass die Pandemie auch eine gewaltige Welle an Kreativität erschaffen hat.

Auch die Berlin Decks waren in diesem Jahr Schauplatz für Kunst und Mode – zwei Bereiche, die einander bedingen und schon immer eng miteinander verknüpft sind. Für gewöhnlich schließen die Semester der jungen Modeschaffenden der Universität der Künste mit einer Show ab: Anstelle eines klassischen Laufstegs, gab es in diesem Jahr eine individuelle wie immersive Lösung: Für die Ausstellung Schau 20 luden 32 Modestudierende in die weitläufige Halle der Berlin Decks. Auf einzigartig gestalteten Tischen konnten die Projekte näher betrachtet werden. Alle Modestücke konnten am letzten Tag ersteigert und direkt mit nach Hause genommen werden – der Erlös diente der Amadeu Antonio Stiftung, die sich für eine Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft, gegen Hass und Intoleranz einsetzt.

Ausgangspunkt der Abschlussarbeiten waren gespendete Tischdecken: Die aus einem Nachlass stammenden Textilien sollten zu neuen Modestücken umgestaltet werden. Die Geschichte des Materials, aber auch die durch die Pandemie bedingten Einschränkungen und die Isolation standen dabei im Zentrum. Was kann aus einer weißen Tischdecke entstehen? Bestickte Stiefel, ungewöhnliche Kleider, gerüschte Röcke, aber auch bemalte Jacken sind nur einige der Ergebnisse. Die bunten, geleeartige Speisen, die für ein weiteres Projekt auf den Tisch gebracht wurden, riefen hingegen eine eigenartige Mischung aus unerklärbarer Abneigung und knurrendem Magen hervor.

Für den Foodcourt hatten nachhaltige und regionale Produkte oberste Priorität: Eis von Paletas in Geschmacksrichtungen wie Gurke-Zitrone oder Erdbeer-Limette sorgte für eine spätsommerliche Abkühlung; die Manufaktur stellt ihr Eis nicht nur organisch her, sondern kommt bei der Verpackung auch komplett ohne Plastik aus. Für Getränke war selbstverständlich ebenfalls gesorgt – neben klimapositivem Bio-Mineralwasser der Rheinsberger Preussenquelle gab’s auch Pale Ale, Pils und Lager von Berliner Berg. Beide Unternehmen produzieren direkt in der Region: Die Preussenquelle greift dabei auf unbelastetes und natürliches Wasservorkommen im brandenburgischen Rheinsberg zu, während Berliner Berg direkt in Neukölln traditionelle deutsche Brautradition mit ausgewählten Rohstoffen und perfektioniertem Handwerk zusammenbringt. Kulinarisches, wie Currywurst aus eigener Herstellung, Bowls und Sandwiches, lieferten Kopka mit ihrem Foodtruck – das Unternehmen beliefert Events nicht nur mit ganz individuellem Catering, sondern bedient sich auch maßgeblich aus Produkten aus der Region.

Die Modeshow war aber lediglich der erste Streich des Art Week Programms in den Berlin Decks: Für die Ausstellung “Zugunsten der Gegend” brachte die Galerie 2.0 Office Impart die Künstler und Künstlerinnen Christian August, Susanne Bonowicz, Lena Marie Emrich und Moritz Neuhoff in der weitläufigen Seitenhalle zusammen. Die Wahrnehmung von Städten, die sich zwischen konstruierten Strukturen und sozialen Räumen einer eindeutigen Definition entziehen, waren zentrales Thema der hier ausgestellten Arbeiten.

Wie Kunst die Wahrnehmung von urbanen Strukturen verändern und mit Arbeits- und Lebensräumen überein bringen kann, zeigte die Außeninstallation von KLUB7. Durch die teilweise durchsichtigen Stoffe schienen die Rohre eines entfernten Fabrikgebäudes hindurch und dienten als Hintergrund für eine farbintensive Collage.

Dem Maler Thomas Grandi war eine weitere Nebenhalle gewidmet: Für seine Einzelschau “CORSO” strich der Künstler zunächst eine 50 Meter breite Backsteinwand komplett in Weiß. Rund ein Dutzend für Grandi untypisch großflächige Malereien fanden hier Platz: Die abstrakten Formen, oft monochrom mit neonfarbigen Akzenten, wirken weich, ergeben erst in ihrer Gesamtheit einen verschwommenen Verlauf. Ganz allmählich können sich Betrachtende an ihnen entlang schlängeln und so immer mehr Teil eines fast meditativen Rhythmuses werden. Ein scheinbar willkürlicher Berg aus Farbresten in der Mitte des Raumes referenziert den Prozess ihrer Entstehung. Überbleibsel abgefallener Materialien wurden hier zusammengekehrt und bilden so einen schönen Abschluss für ein Wochenende im Zeichen der Kunst: Das war’s, bis zum nächsten Mal!

Ein Projekt der BEOS